Glyn Redworth: The Prince and the Infanta. The Cultural Politics of the Spanish Match, New Haven / London: Yale University Press 2003, XIV + 200 S., ISBN 978-0-300-10198-0, GBP 25,00
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Die vorliegende Arbeit ist einem Thema gewidmet, das mit guten Gründen als "one of the most bizarre episodes in British history" (1) bezeichnet werden kann. Gemeint ist die im Jahre 1623 unternommene, letztlich erfolglose Reise des Prince of Wales, Karl Stuart, an den spanischen Hof, um dort die Hand der Infantin María, der jüngeren Schwester Philipps IV., zu gewinnen. Das Aufsehen erregende Ereignis ist zwar als bemerkenswerte Episode der englisch-spanischen Beziehungen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts schon wiederholt behandelt worden; Redworth konnte für seine Monografie jedoch auf zusätzliches Quellenmaterial, vornehmlich spanischer und englischer Provenienz, zurückgreifen, das der älteren Forschung noch nicht zugänglich war und das neue Einblicke ermöglicht.
Den ereignisgeschichtlichen Rahmen bilden der Dreißigjährige Krieg und das Ringen Jakobs I. (VI.) von England und Schottland um einen außenpolitischen Kurs, der eine Lösung der Pfalzfrage - der "Winterkönig" Friedrich V. von der Pfalz war der Schwiegersohn des englischen Monarchen - und zugleich eine Verständigung mit der katholischen Vormacht Spanien bewerkstelligen sollte. Die überraschende Inkognito-Ankunft des englischen Thronfolgers in Madrid stellte dabei den Kulminationspunkt von bilateralen Kontakten auf höchster politischer Ebene dar, die zu diesem Zeitpunkt schon seit einem Jahrzehnt andauerten. Maßgeblicher Beweggrund dieser Verhandlungen war, so führt Redworth überzeugend aus, die Annahme Jakobs I., dass eine englisch-spanische Heirat entscheidend dazu beitragen könne, Spanien für eine Verständigung zwischen Friedrich V. und dem Kaiser zu gewinnen und damit den Weg für einen Friedensschluss zu bereiten. Mit dem traditionellen Mittel der Heiratspolitik, die gerade eheliche Verbindungen zwischen den führenden katholischen und protestantischen königlichen Familien vorsah, hoffte Jakob I. als rex pacificus Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Spaltung Europas in zwei konfessionelle Lager zu überwinden.
Am chronologischen Ablauf orientiert, schildert Redworth die lange Vorgeschichte der spanischen Reise des Prince of Wales, deren Durchführung, Karls Aufenthalt in Spanien und schließlich seine Rückkehr nach England. Die leitende Fragestellung ist hierbei, wie es möglich sein konnte, dass sich beide Seiten so gründlich missverstanden und dass die Heirat des englischen Thronfolgers mit der spanischen Infantin letztlich nicht realisiert wurde.
Der Schlüssel für das Scheitern der Heiratspläne waren, wie Redworth prägnant darlegt, wechselseitige Fehlperzeptionen: Während die spanische Seite von der Ankunft Karls in Madrid und seiner Brautwerbung zunächst fälschlicherweise ableitete, er wolle zum katholischen Glauben übertreten, erkannte der noch junge und diplomatisch unerfahrene englische Thronfolger nicht die Doppelbödigkeit der Verhandlungen Olivares', des einflussreichen Favoriten Philipps IV. Denn während zunächst nach außen hin alles auf die anvisierte englisch-spanische Heirat hinauszulaufen schien, war es Olivares, der angesichts des fehlenden Willens Karls zur Konversion von einem bestimmten Zeitpunkt an seine ganze Verhandlungskunst aufbot, um das Heiratsvorhaben mit größtmöglicher Diskretion zu verhindern. Da zudem die englische Seite nicht bereit war, die weitgehenden Forderungen der Spanier zu Gunsten der katholischen Untertanen Jakobs I. zu erfüllen, scheiterte das Vorhaben.
Aus Spanien zurückgekehrt, ließen sich Karl und der königliche Favorit Buckingham, der den Prinzen auf seiner Reise begleitet hatte, als "religious heroes" (137) feiern, die dem eigenen Bekunden nach um der protestantischen Konfession willen von sich aus die spanische Heirat ausgeschlagen hätten. Dass sich der Thronfolger im Verlaufe der Heiratsverhandlungen am spanischen Hof sehr wohl dazu bereit erklärt hatte, konfessionelle Zugeständnisse zu machen, und dass er überdies seine spanischen Gastgeber bei seiner Abreise in dem irrigen Glauben gelassen hatte, die Ehe mit der Infantin eingehen zu wollen, wurde dabei vollständig ausgeklammert.
Es zählt zu den besonderen Vorzügen der Untersuchung, die Art und Weise herausgearbeitet zu haben, wie Olivares versuchte, die Dinge im Sinne seines Herrn zu steuern. Die Analyse der Vorgehensweise Philipps IV. und seiner führenden Mitarbeiter ist nämlich weit davon entfernt, den spanischen Hof als monolithischen Block darzustellen, wie es in der älteren Forschung oftmals der Fall gewesen ist. Vielmehr unterscheidet Redworth überzeugend zwischen der Haltung Philipps IV., den diplomatischen Schachzügen Olivares' und den Stellungnahmen der übrigen leitenden Räte des spanischen Herrschers. Resultat dieser Differenzierung ist der bemerkenswerte Befund, dass es letztlich nur Olivares war, der über sämtliche Details der Verhandlungen informiert war. Sein Katz-und-Maus-Spiel war unter anderem verantwortlich dafür, dass die Bedingungen einer päpstlichen Dispens für die Heirat der Infantin mit dem protestantischen Stuart so hoch angesetzt wurden - sogar das englische Parlament sollte die freie und öffentliche Ausübung der katholischen Religion zugestehen -, dass Karl schließlich erkennen musste, diesen Voraussetzungen nicht nachkommen zu können.
Besonderen Wert erhält die Arbeit auch durch eine Reihe weiterer Befunde, die hier nur schlagwortartig angedeutet werden können. So liegen jetzt zusätzliche Erkenntnisse darüber vor, welche konkrete Rolle die Pfalzfrage im Rahmen des Heiratsprojektes spielte und inwiefern Jakob I. bei der Gestaltung der Außenpolitik darauf bedacht war, innenpolitischen Rückhalt zu erlangen. Auch kann nunmehr nachvollzogen werden, wie sehr die Spanier darum bemüht waren, die "spiritual intentions" (87) des englischen Gastes zu ergründen. Die Resultate der dazu anberaumten Gespräche waren in doppelter Hinsicht kontraproduktiv, wie Redworth bereits eingangs herausstellt: Selbst die spanischen Befürworter einer spanisch-englischen Eheschließung nahmen angesichts der fehlenden Bereitschaft Karls zur Konversion Abstand von dem Heiratsprojekt, während der Prince of Wales glaubte, dass seine religiöse Integrität von den Spaniern in Frage gestellt werde.
Zu bemängeln ist angesichts der beachtlichen Ergebnisse der Arbeit nur wenig. Fragwürdig erscheinen die nicht weiter differenzierte Kennzeichnung des Dreißigjährigen Krieges als "dynastic conflict" (1) und die gewöhnungsbedürftige Benennung des pfälzischen Kriegsschauplatzes als "Rhineland" (passim). Zudem wäre ein Quellen- und Literaturverzeichnis zur besseren Orientierung wünschenswert gewesen. Dies sind jedoch nur Marginalien, die den Wert der Untersuchung nicht beeinträchtigen.
Der insgesamt gesehen positive Eindruck, den man bei der Lektüre der Arbeit erlangt, wird durch einige nützliche Handreichungen verstärkt. Die Untersuchung ist vorzüglich bebildert. Eine Kommentierung der Quellenlage liefert Einblicke in die Materialgrundlage der Arbeit. Der Darstellung vorangestellt ist eine hilfreiche Chronologie des Ereignisablaufes. Sechs Appendices, darunter Korrespondenzen und eine Auflistung der personellen Entourage Karls in Spanien, liefern zusätzliches Anschauungsmaterial. Ein Personen-, Orts- und Sachregister schließt die schmale, aber gehaltvolle Untersuchung ab, die im Rahmen von weiterführenden Forschungen zu den englisch-spanischen Beziehungen im 17. Jahrhundert in jedem Fall heranzuziehen sein wird.
Michael Rohrschneider